Ein Baum im Garten - der Lebensbaum

  • Hallo zusammen,

    in meiner Nachbarschaft wurde letzte Woche ein im Garten stehender, zu groß gewordener Lebensbaum (Thuja) um ca. 4 Meter gekürzt. Natürlich konnte ich da nicht vorbeigehen ohne mir ein kleines Stück des Stammes zu erbitten.

    Es gibt mehrere Thuja-Arten, mir ist nicht bekannt um welche es sich bei diesem Baum handelt.
    Hier ein Bild welches die Zweige mit den schuppenförmigen Blättern zeigt.

    Wer mehr über die Bäume erfahren möchte, nachfolgend der Link zu Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Lebensb%C3%A4ume_(Gattung)


    Ich habe das Holz kurz in Wasser eingelegt und dann am kleinen Tischmikrotom geschnitten. Gefärbt mit Etzold blau und eingebettet in Euparal.

    Beim Anfertigen dieser Schnitte habe ich gemerkt, dass das Thema Holzmikroskopie doch sehr spannend sein kann. Als ich, diese für mich neue Holzart unter das Mikroskop gelegt hatte, war ich sehr überrascht welcher Anblick sich mir bot. Der Aufbau scheint doch immer anders zu sein, obwohl es sich wohl fast immer um dieselben Bestandteile handelt.

    Ich will allerdings auch nicht verschweigen, dass ich beim Radialschnitt etwas genervt war, da die Schnitte trotz neuer Klinge zu dick wurden, wie ich der Meinung war. Allerdings ist in dem Holz auch eine Menge los, jedenfalls wenn man sich die Holzstrahlen anschaut.

    Da ich mich nicht entscheiden kann, auf welche Bilder ich verzichte, teile ich diesen Thread einfach auf, um mehr Bilder als 10 zeigen zu können. Man möge mir das verzeihen!

    Ich versuche auch mal zu deuten was ich sehe. Evtl. könntest Du, Bernd als unser Holzfachmann, meine Deutungen richtigstellen, verbessern oder ergänzen, wenn Du wieder eine funktionierende Tastatur ohne Kaffeebad hast. Über Deine fachkundliche Stellungnahme würde ich mich sehr freuen.


    1) Querschnitt

    Hier sieht man gut das Quer- und Axialparenchym. Harzkanäle sind nicht vorhanden.

    Deutlich auch wieder die Trennung zwischen Früh- und Spätholz. Wuchsrichtung ist von unten nach oben.

    In der Vergrößerung sind dann noch die quer geschnittenen Hoftüpfel zu sehen.

    2) Radialschnitt

    Die Holzstrahlen, homozellular würde ich sagen. Allerdings sind da auch die roten Holzstrahlen. Und das Querparenchym endet plötzlich und die Reihe geht mit rötlich gefärbten Zellen weiter. Außerdem scheinen da Zwillingstüpfel zu sein.

    Aufgrund der schlitzförmigen Poris der Hoftüpfel muss dieses Bild im Spätholz aufgenommen sein.

    Hier wohl das Querparenchym (Speichergewebe), obwohl das ja alles blau gefärbt sein müsste. Oben ein paar Hoftüpfel.

    Schön zu sehen die geschnittenen Hoftüpfel in den Längstracheiden. Habe leider den Maßstab vergessen, ist aber ebenfalls mit der 63er Optik, wie im Bild davor, aufgenommen worden.

  • 3) Tangentialschnitt

    Erst einmal in der Übersicht. Die Holzstrahlen haben keine Harzkanäle. Eigentlich dachte ich das in der Thuja welche zu finden sind, es sind aber keine vorhanden oder ich habe keine erwischt.

    Das Querparenchym ist einreihig und von den Zellwänden der Längstracheiden (?) regelrecht umschlossen.

    Schön zu sehen die geschnittenen Tüpfel der Längstracheiden.

    Bei der großen blauen Zelle müsste es sich um Längsparenchym handeln. Und unterhalb in gelb?

    Und zum Abschluss das Querparenchym einmal sogar 2-reihig an einer Stelle unten.


    Ich hoffe, dass ich mit meinen Deutungen nicht in allen Fällen falsch liege.

    Merkwürdig das ich keine Harzkanäle gefunden habe. Das Holz riecht harzig und die Thuja gehört ja zu den Koniferen. Kann es sein, das der Baum das Harz in der Rinde bildet?

    Viele Grüße
    Detlef

  • Hallo Klaus,

    schön das Du ergänzend die tollen Bilder der Blätter eingestellt hast. Die Form der Blätter ist schon speziell!
    Die Farben des 2.Bildes finde ich sehr gelungen. Ist das Etzold grün?

    Mir war nicht bewusst, dass das Thuja-Holz so zäh ist. Evtl. erklärt das auch warum mein Radialschnitt meiner Meinung nach so schwierig war.

    Gruß Detlef

  • Mir war nicht bewusst, dass das Thuja-Holz so zäh ist. Evtl. erklärt das auch warum mein Radialschnitt meiner Meinung nach so schwierig war.

    Hallo Detlef, oft ist man ja selber Schuld, in diesem Fall wars aber sicher das Holz. Ich habe in einem blöden Nachbarschaftsstreit von unserem Cyprus Leylandii 12 große Äste kappen lassen müssen. Der Gärtner hat mit Gehilfen 1h gearbeitet und ich habe dann die Äste mit meinem lieben Nachbarn (wir haben 3 davon 2 "liebe") mit seiner großen Kreissäge zu Kaminholz verarbeitet. Das Sägeblatt musste danach frisch geschärft werden. Jetzt habe ich 0,5 rm Holz für 400.-€ ;(

  • 400€ für den Spaß ist ganz schön viel :S
    Nehmt das nächste Mal eine Motorsäge! Das Schärfen der Kette kann man mit eine Feile selber machen, wenn man es beherrscht.

    Schade das man ab und zu solche, eigentlich nicht wirklich notwendigen Arbeiten durchführen muss. Und bestimmt sah der Baum im unbeschnittenen Zustand schöner aus.

    Gruß Detlef

  • Hallo Detlef,

    nachdem der Laptop wieder ok ist, hier meine Kommentare zu deinen Schnitten, die ich sehr gelungen finde.


    Im Querschnitt ist axiales Parenchym von den längstracheiden meist nur über die Färbung zu unterscheiden:
    Tracheiden: Wandung rot, Lumen ungefärbt. Parenchym: Lumen grau bis blau:


    Der folgende Schnitt sieht etwas "zerknittert" aus, zurückzuführen möglicherweise auf eine nicht mehr ganz scharfe Klinge.


    Im Kreuzungsfeld (Kreuzfeld), das ist der Bereich, in dem Längstracheiden auf Querparenchym (Holzstrahlparenchym) treffen, heißen die Tüpfel "Kreuzungsfeld-Tüpfel". Sie besitzen - außer bei Kiefer - einen schlitz- bis eiförmigen Porus und sind wesentlich einfacher als Hoftüpfel aufgebaut. Bei Kiefer haben wir als Kreuzungsfeldtüpfel die riesengroßen Fenstertüpfel.
    Dass dieser längs geschnittene Holzstrahl auf der rechten Seite nicht blau ist, ist normal: Links hast du durch das Parenchym geschnitten, rechts wandert dein Schnitt in den Bereich der Wandung hinein, welche sich rot färbt.
    Im untersten Bild ist das sehr schön herausgearbeitet!




    Der folgende Radialschnitt gibt mir ein Rätsel auf. Links von der Jahresringgrenze JG haben wir Frühholz mit schönen großen Hoftüpfeln in der Draufsicht und mit kreisrunden Pori.
    Rechts von JG befindet sich das Spätholz, in dem man eigentlich kleinere Hoftüpfel in der Draufsicht und mit schlitzförmigen Pori erwartet! Aber im Bild sind sie im Schnitt, d.h. um 90 Grad gedreht, zu sehen. Sehr seltsam!




    Die Details im nächsten Bild sind selten so deutlich zu sehen, Glückwunsch!


    Viele Grüße

    Bernd

    Wenn du in Schwung bist, gelingt dir alles!

    3 Mal editiert, zuletzt von Bernd Miggel (14. Juni 2020 um 17:53)

  • Hallo Detlef,

    einfach toll, schöne Schnitte, ausgewogene Färbung, gut abgelichtet, macht wirklich Lust auf mehr.

    Noch einen andere Frage: In den höher vergrößerten Radialschnitten erkennt man runde Strukturen, die große Ähnlichkeit mit Erythrocyten haben. Was ist das ? Bluten Bäume doch oder stammen die gar von Dir ? ;)

    Herzliche Grüße !

    Jürgen

  • Hallo Jürgen,

    es freut mich das Dir meine Bilder gefallen!

    Alle meine Finger sind nach der Herstellung der Schnitte, trotz Einsatz der scharfen Klinge, unversehrt! 8)
    Wie Bernd bereits geschrieben hat, handelt es sich bei den runden Strukturen um im Querparenchym eingelagerte Stärkekörner.

    Viele Grüße
    Detlef

  • Hallo Bernd,

    nun will ich endlich auf Deine ausführliche Stellungnahme antworten.
    Ich war die ganze Zeit nur am Smartphone im Forum und jetzt am Rechner mit richtiger Tastatur. ;)

    Beim nächsten Mal werde ich die Bilder bennenen, dieses vereinfacht die spätere Diskussion.

    Es ist bestimmt so, dass bei dem Querschnitt - "zerknittert" die Klinge nicht mehr die Anfangsschärfe hatte. Ich habe sie im Verlauf der Schnitte gewechselt.

    Dann ist da also ein Kreuzungsfeld! Längstracheiden treffen auf Querparenchym. Aber ist das bei einem Querparenchym nicht immer so, das Längstracheiden darauf treffen? Dann müsste doch immer der Bereich des Querparenchym ein Kreuzungsfeld sein ?(
    Somit hat sich das mit meinen schlitzförmigen Poris in den Tüfeln, angeblich im Spätholz, ja erledigt :wacko: und es sind Kreuzungsfeldtüpfel. Fast immer paarweise.

    Der rätselhafte Radialschnitt hat mir sofort gefallen! Die durchgeschnittenen Tüpfel sind mit ihrem Aufbau teilweise gut zu erkennen. Stehen sich Tüpfel in den Tracheiden nur gegenüber oder können sie auch mal im 90° Winkel zu einander stehen?
    Ich werde die Stelle im Präparat noch mal suchen. Allerdings habe ich von jeder Schnittart vorsichtshalber 2 Präparate mit jeweils 3 Schnitten unter dem DG gemacht. So habe ich eine bessere Auswahl, erschwert allerdings auch das Wiederfinden von Stellen. :whistling:

    Warum ist bei dem Tangentialschnitt mit dem axialen Parenchym nur ein Teil blau gefärbt und der große Rest gelb? Das Parenchym soll sich doch immer blau färben?

    Über die geschnittenen Tüpfel in den Wandungen der Längstracheiden habe ich mich sehr gefreut, als ich diese gesehen habe. Ich geben zu, diese gefallen mir auch sehr gut. :saint: Da hatte ich gerade die Klinge gewechselt. Evtl. hat das zu dem guten Ergebnis beigetragen. Ich denke, da muss man Glück haben, dass man die so gut erwischt.

    Ich hoffe, dass ich Dir nicht zu viel Deiner Zeit wegschnappe, Du hast ja noch eine Menge vor.

    Viele Grüße
    Detlef

  • Hallo Detlef,

    zu zwei deiner Fragen:

    Dann ist da also ein Kreuzungsfeld! Längstracheiden treffen auf Querparenchym. Aber ist das bei einem Querparenchym nicht immer so, das Längstracheiden darauf treffen? Dann müsste doch immer der Bereich des Querparenchym ein Kreuzungsfeld sein

    In der Tat stellt bei Nadelholz der Parenchymbereich eines Radialschnitts das Kreuzungsfeld dar. Man muss nur aufpassen, dass man nicht eventuelle Quertracheiden (Fichte, Lärche, Kiefer, Douglasie, Zeder) mit einbezieht, sondern nur den Parenchymbereich.
    Bei Laubholz ist der Kreuzungsbereich anders definiert. Hier versteht man darunter den Bereich, in dem die Gefäße auf die Holzstrahlen treffen.
    Bei Laubholz gibt es keine Quertracheiden, der gesamte Holzstrahl ist rein parenchymatisch.


    Warum ist bei dem Tangentialschnitt mit dem axialen Parenchym nur ein Teil blau gefärbt und der große Rest gelb? Das Parenchym soll sich doch immer blau färben?

    Die Praxis stimmt leider nicht immer mit der Theorie überein. Ich erlebe immer wieder neue Überraschungen. Bei Kiefernholz allerdings müssen die Farben einwandfrei sein, bei anderen Nadelhölzern sind sie viel weniger deutlich!


    Viele Grüße

    Bernd

    Wenn du in Schwung bist, gelingt dir alles!

  • Hallo zusammen,

    hier jetzt die Stärkekörner im Radialschnitt der Thuja. So ganz nebenbei, die Schnitte sehen bei gekreuzten Polfiltern sehr hell aus. Überalle leuchtet es, besonders natürlich die Fasern und die vielen Tüpfel. Da musste ich eine etwas "beruhigte" Stelle suchen, an der nicht so viel los war.

    Erst einmal im "normalen" Durchlicht

    bei gekreuzten Polfiltern

    und die ganze Sache plastisch eingerichtet

    Viele Grüße
    Detlef

  • Hallo Bernd,

    ich habe mir noch mal die Thuja angeschaut, da sich in dem „rätselhaften“ Radialschnitt ja eine Art Anomalie zeigt, bei dem die Hoftüpfel im 90° Winkel zueinander angeordnet sind.

    Dieses müsste im Querschnitt doch ebenfalls zu sehen sein, so mein Gedanke. ?(

    Ich habe mir also den Querschnitt (der leider nicht so gelungen ist, da die Klinge wohl nicht richtig scharf war oder das Holz der Thuja zu zäh ist) nochmal genau angeschaut. Da müssten dann ja Hoftüpfel parallel zur Jahresringgrenze ausgerichtet sein, wenn diese im Radialschnitt quer durchgeschnitten zu sehen sind.

    Und genau so ist es! 8o

    Die Bilder sind jetzt nicht so schön, zeigen aber dieses Phänomen.

    An der Jahresringgrenze sind doch tatsächlich die Tüpfel im 90° Winkel zueinander, sogar ab und zu in einer Längstracheide, zu sehen.
    Hier mit dem 40er Objektiv zur Übersicht. Es sind mehrere Höftüpfel parallel zur Ausrichtung der Jahresringgrenze zu sehen.


    Ich habe diese Besonderheit an mehreren Stellen der Grenzen FT - ST gefunden. Ist das bei der Thuja normal, oder hat der Baum irgendein Wachstumsproblem? Wenn das „normal“ ist, dann müsste man dieses ja auch bei anderen Bäumen finden und es wäre evtl. ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal.


    Viele Grüße
    Detlef

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