Herzlich willkommen zur neuen Serie "Mikroskopische Holzbestimmung"!
Die gute Erfahrung, die ich in den letzten Tagen mit Beiträgen zur Holz-Mikroskopie machen durfte - hier - hier - hier - hier - haben mich ermutigt, eine eigene Themenreihe zur mikroskopischen Holzbestimmung zu beginnen. Man kann diese Serie quasi als Fortsetzung meines Büchleins auffassen (siehe unten bei "Literatur").
Baumarten und andere Themen, die mir als Einzelbeiträge einfallen, sind etwa:
Amberbaum, Araukarie
Bambus, Blasenspier, Blaubeere, Brombeere
Cotoneaster, Chinesischer Blauglockenbaum
Eisenholzbaum, Eukalyptus, Essigbaum
Flügelnuss, Feige, Forsythie, Falscher Jasmin, Flieder, Feuerdorn
Geweihbaum, Goldregen, Glyzine, Gleditschie, Gummibaum, Götterbaum
Hopfen, Hemlocktanne, Heidekraut
Judasbaum, Japanisches Rotholz
Kirschlorbeer, Kiwi, Kuchenbaum, Kampferbaum
Lavendel
Magnolie, Moosbeere, Mahonie
Oleander, Ölbaum
Perückenstrauch, Preiselbeere
Rhododendron, Rauschbeere, Riesenmammutbaum
Schneebeere, Schirmtanne, Schneeglöckchenbaum, Scheinzypresse, Sommerflieder, Seidelbast, Spierstrauch
Schwarze Johannisbeere, Stachelbeere, Spießtanne, Sicheltanne
Taschentuchbaum, Tamariske, Tulpenbaum, Trompetenbaum, Taschentuchbaum
Urweltmammutbaum
Weigelie, Weymouthkiefer, Wasserfichte, Weinrebe
Zirbelkiefer, Zypresse, Zierquitte, Zelkove, Zürgelbaum, Zitrusbaumarten, Zaubernuss
... weitere Parkbaumarten und tropische Hölzer ...
Zweigholz, Reaktionsholz, morsches Holz, Wurzelholz, verkohltes Holz, Moorkienholz, verkieseltes Holz ...
Die einzelnen Teile dieser Serie werden stets aus einem allgemeinen Teil und aus einem speziellen Teil bestehen. Im speziellen Teil wird eine einzelne Holzart aus mikroskopischer Sicht beschrieben und dargestellt.
Viel Freude mit der Serie!
Hier geht es zur Übersicht über alle Teile dieser Aufsatzreihe.
Abkürzungen siehe ganz unten im Text!
Allgemeiner Teil
A) Der Holzkörper und die drei Hauptschnittebenen
Für die mikroskopische Holzbestimmung ist nur der reine Holzkörper, das Xylem, interessant. D.h. Mark, Kambium, Rindenbereich werden im allgemeinen nicht zur Holzbestimmung herangezogen. Eine Ausnahme bildet vielleicht das Holz der Linde, das im Rindenbereich sehr charakteristische Strukturen aufweist.
Es werden Feinschnitte (per Hand mit scharfer Rasierklinge oder mit dem Mikrotom) in den drei Hauptschnittebenen Querschnitt Q, Radialschnitt R und Tangentialschnitt T angefertigt.
B) Dünne Zweige
Wer sich für die Anatomie und die Einfärbung dünner Zweige interessiert, dem seien die unvergleichlichen Aufsätze von Hans-Jürgen Koch empfohlen!
Hier z.B. eine Ausarbeitung über die Amerikanische Linde
C) Einfärben, Dauerpräparate
Die Schnitte werden generell in Etzold-FCA ("Etzold-blau") eingefärbt, wobei sich das verholzende Gewebe rot, das nicht verholzende Gewebe (Parenchym, Epithelzellen, Reaktionsholz bei Laubhölzern, Pilzhyphen) dagegen blau verfärben. Ohne diese wirklich brillante Färbemethode kann man diese beiden Gewebearten kaum voneinander trennen. Mit anderen Worten: Bestimmungsbücher mir nur Schwarzweiß-Fotos sind deutlich im Nachteil.
Für Dauerpräparate wird Euparal verwendet, nach Entwässerung des eingefärbten Präparates mittels 100%-Isopropylalkohol.
D) Aufbau von Nadelholz
Nadelhölzer sowie Gingko-Gewächse sind entwicklungsgeschichtlich sehr alte Holzgewächse (viel älter als die Laubhölzer). Ihr Holz ist relativ einfach aufgebaut.
Es besteht zum einen aus Tracheiden, das sind vertikal ausgerichtete, dicht an dich stehende Röhrchen von rundlich-eckigem Querschnitt.
Zum anderen besteht es aus unzähligen, radial ausgerichteten Holzstrahlen, die stets stets nur eine Zellreihe breit sind. Je nach Nadelholzart bestehen die Holzstrahlen entweder nur aus Parenchym (homozellulare HS; Tanne, Eibe, Wacholder) oder sie beinhalten zusätzliche Quertracheiden (heterozellulare HS; Fichte, Lärche, Douglasie, Zeder).
Einige Nadelholzarten besitzen Harzkanäle (Fichte, Lärche, Douglasie).
Einige wenige "harzen" bei traumatischen, verletztem Gewebe (Tanne, Zeder).
Spezieller Teil - Ginkgo - Ginkgo biloba
Heute wollen wir uns dem Ginkgobaum Ginkgo biloba zuwenden.
Es ist relativ wenig an Literatur zur mikroskopischen Holzanatomie dieser Art zu finden.
Ginkgo biloba - Zweig mit Blättern
Besonderheiten
Die Gattung Ginkgo ist schon sehr alt. Sie ist bereits im Jura, d.h. vor 200-145 Mill. Jahren nachweisbar.
Man zählt sie, wie die Nadelbäume, zu den Nacktsamern, den Gymnospermen.
Die Holzanatomie entspricht der unserer Nadelbäume.
Herkunft der Holzprobe
Ein 5 cm dickes Aststück aus dem Bürgerpark in Offenburg.
Kurzbeschreibung
Ein "Nadelholz" mit nicht sehr deutlichen Jahresringgrenzen
Frühholztracheiden kaum größer als Spätholztracheiden
Tracheiden ohne Schraubenverdickungen.
Hoftüpfel an den Radialwänden der Tracheiden 1-, seltener 2-reihig (Zwillingstüpfel)
Holzzstrahlen homozellular, d.h. nur aus parenchymatischen Zellen bestehend, 1-reihig und nur bis zu acht Zellen hoch; keine Harzkanäle
Sehr wenig Axialparenchym.
Querschnitt Q1 - Dünner Zweig
Von innen nach außen:
Mark (blau)
Holzkörper, bei Ginkgo bestehend aus (Längs-)Tracheiden (Wände rot) und Holzstrahlen (dunkelblau) - Kambium (dünn, dunkelblau) - Rindenbereich
Für die mikroskopische Holzbestimmung ist nur der Holzkörper relevant!
Querschnitt Q2
Die Tracheiden bestehen aus in Faserrichtung verlaufenden, dünnen Röhrchen mir rundlich-eckigem Querschnitt. Die Wandungen färben sich in Etzold-FCA rot.
Untereinander sind die Tracheiden in horizontaler Richtung an ihren Radialwänden durch Hoftüpfel HTü miteinander verbunden, im Bild nur undeutlich erkennbar.
In horizontaler Richtung haben wir hier zwei recht undeutliche Jahresringgrenzen JG.
Unterhalb der Jahresringgrenze Spätholz-Tracheiden STr, oberhalb Frühholz-Tracheiden Ftr, beide nicht sehr unterschiedlich im radialen Durchmesser. Lediglich die Zellreihe der Winterruhe hat schmalere Poren.
Die Breitenwuchs-Richtung des Holzes ist von unten nach oben zu sehen.
Die Holzstrahlen sind 1-reihig, d.h. eine Zellreihe breit, was gut zu erkennen ist. Sie bestehen bei Ginkgo nur aus parenchymatischen Gewebe (homozellulare Holzstrahlen), welches sich schön blau färbt.
Axiales Parenchym APa ist bei Ginkgo selten, hier ist nur eine einzige Zellreihe im Bild.
Radialschnitt R1
Vertikal fünf Tracheiden Tr, wegen der Weitlumigkeit wahrscheinlich Frühholztracheiden. Die Wandungen färben sich in Etzold deutlich rot.
Schraubenverdickungen (Spiralverdickungen) an den Tracheidenwandungen sind keine zu sehen.
Die Tracheiden besitzen an ihren Radialwänden Hoftüpfel HTü, an der 2. Tracheide von rechts mehrfach als Zwillingstüpfel ZwTü ausgeführt.
Dieses Phänomen ist hier nicht von entscheidender Bedeutung, wohl aber bei Fichte und Lärche, wo es als Unterscheidungskriterium dienen kann.
Horinzontal ein zwei Zellreihen breiter, homozellularer Holzstrahl HS. Er stellt das sogen. "Kreuzungsfeld" dar, mit den Kreuzungsfeldtüpfeln.
Die Tüpfelöffnungen sind schlitzartig bis schmal oval (Piceoide Tüpfel bis Cupressoide Tüpfel). Die Öffnungen stehen waagerecht bis 45 Grad.
Die Holzstrahlzellen färben sich in Etzold deutlich blau. Die Zell-Innenwandungen sind glatt.
Tangentialschnitt T1
Vertikal zahlreiche Frühholz-Tracheiden (wegen der Weitlumigkeit).
Schraubenverdickungen (Spiralverdickungen) sind keine zu sehen.
Die frontal geschnittenen Holzstrahlen HS haben im Bild eine Höhe von bis zu fünf Zellreihen.
Bei weiteren Schnitten würde man bis maximal acht Zellreihen nachweisen können.
Die einzelnen Zellen des Holzstrahls besitzen im Tangentialschnitteine rundliche Kontur.
Weitere, sehr empfehlenswerte Ausarbeitungen zu Thema Ginkgo
Literatur zur Holzmikroskopie
Grosser, D. (2007): Die Hölzer Mitteleuropas. Remagen
Miggel, B. (2017): Holzbestimmung mit dem Mikroskop. IHW-Verlag, Eching
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Schweingruber F.H. (1990): Mikroskopische Holzanatomie. Birmensdorf (Schweiz)
Wagenfürh R. (1999): Anatomie des Holzes. Leinfelden-Echterdingen
Bezugsquelle für Etzold-FCA und Euparal
Fa. MicroLab, Dr. Klaus Herrmann. Eine Liste der verfügbaren Chemikalien kann per E-Mail angefordert werden: herrmannkk@online.de
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[color=#000000][size=10]Abkürzungen (gelten auch für den Plural):
EZ - Epithelzelle
GG - Grundgewebe bei Laubholz (Holzfasern und/oder Fasertracheiden)
HS - Holzstrahl
HK - Harzkanal
AHK - Axialer Harzkanal
RHK - Radialer Harzkanal
Tr - (Längs-)Tracheide (Nadelholz), Fasertracheide (Laubholz)
FTr Frühholztracheide
STr Spätholztracheide
QTr - Quertracheide (Holzstrahl-Tracheide)
JG - Jahresringgrenze
APa - Axiales Parenchym (Längsparenchym)
QPa - Querparenchym (Holzstrahl-Parenchyn)
HTü - Hoftüpfel
ETü - Einfacher Tüpfel
HETü - Einseitig behöfter Tüpfel
ZwTü - Zwillingstüpfel
FTü - Fenstertüpfel
Th - Thylle
PHy - Pilz-Hyphen