Bernsteinfotografie mit dem Mikroskop

  • Hallo zusammen,

    das Fotografieren von fossilen Bernsteininklusen ist mein Steckenpferd und diese sind immer noch meine liebsten Motive für die Mikrofotografie.

    Ich verwende hierzu ein altes Hufeisenstativ, bei dem Grob- und Feintrieb auf den Tubus wirken, sodass die externe Auflichtbeleuchtung immer akkurat und unverändert bleibt.

    Auch hier nutze ich ausschließlich die Direktprojektion und ich verwende Objektive, die ohne Okular ein gutes Bild liefern.

    Jetzt habe ich im Auflicht zum ersten Mal mein Nikon CFN Planapo 4 0.20 160/- verwendet, welches einen enormen Arbeitsabstand von 15mm hat. Es ist auch im Durchlicht das vermutlich beste 4er Planapo der Endlich - Ära und liefert ein hervorragendes Bild.

    Am Rand fällt die Auflösung ab, weshalb ein mittig platziertes und nicht bildfüllendes Motiv verwendet werden sollte; bei dieser Larve kein Problem:).

    Das zweite Bild ist mit dem Nikon CF M Plan 20 0.35 210/0 SLWD gemacht, welches einen Arbeitsabstand von hervorragenden 19.9mm bietet und sich auch ohne Einschränkungen bei kleineren ABM’s einsetzen lässt (hier 15:1). Das geht NUR bei den SLWD‘s (nicht LWD‘s oder ELWD‘s) und als einzige Ausnahme beim 60er ELWD.

    Dieses Exemplar stammt aus Jantarny, Kalingrad und ist ca. 40-50 Millionen Jahre alt.

    Es handelt sich um die Larve eines Käfers aus der Überfamilie der „Cleroidea“. Eine genauere Bestimmung ist gerade bei Larven auch mit entsprechender Literatur sehr schwierig und teilweise sogar unmöglich, falls die entsprechenden Merkmale nicht mehr erkennbar sind.

    Grüße,

    Simon


  • Hallo Simon,

    da hast du ja eine tolle Anwendung fürs Mikroskop!

    Mit Bernstein bzw. Bersteininklusen habe ich mich noch gar nicht beschäftigt.

    Bernstein mit eingeschlossenen Insekten muss man kaufen, oder findet man die auch evtl. an Nord- bzw. Ostsee?

    Ich denke, dass solch ein schönes Stück, wie du es zeigst, eher selten ist, oder?

    Wirklich sehr erstaunlich diese Bernsteindauerpräparate und vor allem sehr haltbar, wenn man von einem so hohen Alter ausgeht.

    Viele Grüße

    Detlef

  • Hallo Detlef,

    danke sehr!

    Man kann Bernstein zu bestimmten Zeiten und Gegebenheiten sehr gut selbst finden. Viele aus dem steinkern Forum sammeln und schleifen Bernstein auch selbst, was ich sehr cool finde.

    Das Problem ist, auch wenn es das Angebot teilweise garnicht vermuten lässt, dass Inklusen allgemein sehr selten sind.

    Aus einem Kilogramm Baltischem Bernstein erhält man im Schnitt 4,5 tierische Inklusen. Von diesen Inklusen ist vielleicht eine hübsch anzusehen bzw. fotogen, wenn überhaupt. Und Bernstein hat ein geringe Dichte, d.h. 1kg ist schon eine ganze Menge.

    Die Wahrscheinlichkeit, beim Sammeln an Strand was Schönes zu finden, ist daher sehr gering.

    Ich zitiere mal Carsten Gröhn (ein sehr netter, hilfsbereiter und kompetenter Mann) auf seiner Homepage ambertop.de zum Thema Häufigkeit bestimmter Inklusengruppen:

    Kleines Rechenbeispiel, das veranschaulicht, wie selten einige Einschlüsse wirklich sind. Denn: wenn man annimmt, dass die Weichkäfer nur mit einer Häufigkeit von 2% der Käfer vorkommen, dann täuscht diese Zahl.

    Denn Käfer machen in der Gesamtstatistik nur 5,4% aus. Und von diesen 5,4% muss man wiederum die 2% berechnen:

    also kommt man auf eine absolute Häufigkeit von 0,054 x 0,02 = 0,00108% !!

    Ich erinnere an den Wert: nur jeder tausendste Bernstein enthält einen gut erhaltenen Einschluss. Also müssen wir die berechneten, abgerundeten 0,001 noch mal mit 0,001 multiplizieren und wissen jetzt:

    Um einen gut erhaltenen Weichkäfer zu finden, müssen 1 Million Rohbernsteine durchgesucht werden!! Zum Glück werden in Litauen und Russland Riesenmengen Rohbernsteine mit Hilfe von Trommeln vorbeschliffen, so dass die Suche erleichtert wird. Nach westlichen Maßstäben wäre das eine nicht bezahlbare Arbeit und die Einschlüsse würden das hundertfache kosten!!

    Gut erhaltene Käferlarven sind vermutlich noch seltener, da sie aufgrund ihrer Fleischigkeit sehr schnell verwesen. Diese schnelle und exzessive Verwesung führt dazu, dass größere Mengen Gase aus dem Körper strömen, die eine milchige, oft undurchsichtige Hülle schaffen (Verlumnung). Zuvor kommen dann oft noch schnelle Bewegungen zur Befreiung aus dem Harz dazu, die einen ähnlichen Effekt haben.

    Man muss also ein Exemplar finden, bei dem verschiedene Gegebenheiten (z.Bsp. Sonneneinstrahlung zur Klärung während dem Aushärten) zu einem guten Zustand geführt haben.

    Zur Haltbarkeit müssen einige Vorkehrungen getroffen werden. Oxidation und UV-Strahlung haben leider schon tonnenweise wertvolle Inklusen aus Museen und Privatsammlungen zerstört:

    - luftdichtes Plastiktütchen

    - dunkle oder weitestgehend UV-freie Aufbewahrung

    - evtl. Versiegeln mit einem Lack (ich verwende eine dünne Schicht Silikonöl, wie es mir von einem der größten russischen Händler empfohlen wurde)


    beste Grüße,

    Simon

  • Hallo Simon,

    danke für deine sehr ausführliche Erklärung!

    Stimmt die Bernsteine müssen ja erst einmal geschliffen werden, sonst sieht man nicht was drinnen los ist.

    Wenn ich dein Rechenbeispiel betrachte, gehe ich davon aus, dass die Käferlarve schon zu den "besonderen" Einschlüssen gehört.

    Ja, vor ca. 45 Millionen Jahren muss wirklich alles gepasst haben, sonst wäre die Larve nicht so gut erhalten.

    Irre Zeitspanne, gar nicht so einfach zu begreifen!

    Ich habe gedacht das Bernstein ein gutes Einschlussmittel ist, doch du schreibst das Sauerstoff und UV-Strahlung die Inklusen vernichten kann. Dann waren sie vorher am Meeresgrund wohl besser aufbewahrt, es sei denn, man kümmert sich darum

    Viele Grüße

    Detlef

  • Hallo Detlef,

    gerne:)

    Das ist wirklich eine zeitraubende Arbeit. Jeder Bernstein wird für den Verkauf optimal geschliffen, sodass die Inkluse möglichst ohne optische Verzerrung sichtbar ist. Die meisten großen Händler machen das selbst so gut, dass ich nur sehr selten selbst nachschleifen muss.

    Ich habe selbst lange nach einer schönen und bezahlbaren Käferlarve gesucht und habe bis jetzt nur diese gefunden. Mit umgerechnet ~38€ wirklich günstig (ambertreasure4u.com), das gibts so nur bei entsprechenden Großhändlern.

    Besonders vollständige und gut erhaltene Spinnen haben es mir besonders angetan, da muss man für ein großes Exemplar allerdings ~200€+ hinlegen (habe daher nur eine).

    Carsten Gröhn hat einen einzigartigen Floh, der den Gegenwert eines Kleinwagens hat. Es gibt auch nur wenige Exemplare weltweit im baltischem Bernstein.

    Ganz außergewöhnlich und bisher einmalig ist das einzige Exemplar des „Oculudentavis“, quasi ein vogelähnlicher Dinosaurier. Der Wert lässt sich schwer schätzen, aber man ist vermutlich im 6stelligen Bereich. Es geht also noch deutlich seltener?

    Leider ist es tatsächlich so, dass nach dem „Ernten“ der Verfall umgehend einsetzt. Bei den genannten Maßnahmen bleiben die Inklusen vermutlich über Generationen erhalten.

    Grüße,

    Simon

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