Holzbestimmung mit dem Mikroskop: Süßkirsche

  • Hallo zusammen,

    in meinem Feuerholzvorrat habe ich ein Stück Ast eines Kirschbaums gefunden. Vor längerer Zeit habe ich bei uns im Garten eine alte Süßkirsche fällen müssen, da der Stamm bereits hohl geworden war. Und ab und zu finde ich immer mal wieder ein Stück des Baumes in meinen Holzstapeln.

    Die Süßkirsche ist die kultivierte Form der Vogelkirsche (Prunus avium). Weitere Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Vogel-Kirsche

    Aufgrund der Rinde ist dieser Kernholzbaum leicht zu erkennen:

    Durch das Trocknen hat sich die oberste Schicht der Rinde an mehreren Stellen aufgerollt.

    Verwendet habe ich ein 9 cm dickes Aststück. Dieses alte und absolut trockene Holz ließ sich nach dem Einweichen in Wasser sehr leicht schneiden.

    Gefärbt habe ich wie immer mit Etzold blau und eingedeckt mit Euparal.


    Querschnitt

    Gefunden habe ich ein halbringporiges Holz mit einer deutlichen Jahresringgrenze (JG). Im Frühholz haben die größten, ovalen Gefäße (FG) eine Größe von ca. 90 x 60 µm. Die Gefäße sind ab und zu in radialen Gruppen bis zu 5 Stück angeordnet und vereinzelt auch in kleinen Nestern.

    Die Holzstrahlen (HS) haben eine Breite von 1 – 4 Zellen und sind an der Jahresringgrenze leicht verdickt. Die Wachstumsrichtung in Q1 ist von unten nach oben.

    Was mir mal wieder gar nicht gefällt, ist die Färbung: Ich hatte mir ein eher rotes Bild gewünscht (da ja die verholzten Bestandteile, wie das Grundgewebe, rot eingefärbt werden), doch Theorie und Praxis weichen ab und zu voneinander ab. Nun hat ja auch allen seinen Grund, wie z.B. Delignifizierung oder Reaktionsholz.

    Das Bild Q2 erscheint mir auch schon gleich etwas rätselhaft: In der Bildmitte, zwischen den 2 Holzstrahlen, wirken die Frühholzgefäße wie in Parenchymzellen eingebettet. Normal ist das bei Kirsche nicht so und ich habe es auch nur in einem Schnitt gefunden. Bei den 3 markierten Parenchymzellen bin ich mir sicher, dass es sich um Parenchym handelt. Über die Färbung kann man das Rätsel nicht lösen, wohl nur über die Wandstärke. Bestimmt ist das hier nur eine Anomalie!

    Im Holzstrahenparenchym sind sehr viele Stoffe eingelagert (gelbe und braune Kugeln).


    Q3 zeigt eine eher normale Ansicht um Gefäße herum. Wenig axiales Parenchym ist vorhanden, meiner Meinung nach apotracheal diffus und paratracheal spärlich. In der Mitte ist ein geschnittener Hoftüpfel (HTü) zu erkennen.

    Ich freue mich immer, wenn ich das Holz-Grundgewebe bestimmen kann. Im folgenden Bild sind deutlich Hoftüpfel zwischen den Zellen unterhalb der Jahresringgrenze (im Spätholz) zu sehen, somit handelt es sich um Fasertracheiden.


    Radialschnitt

    Die Übersichtsaufnahme von der radialen Ansicht zeigt die Holzstrahlen, allerdings nicht im exakten Winkel getroffen, sonst wären diese länger abgebildet.

    Die Gefäße beinhalten einfache Durchbrechungen (EDB) und Spiralverdickungen (hier nur schwach zu sehen), beides typisch für Kirsche.

    An der Stelle, an der das Holsztrahlenparenchym ein Gefäß trifft, liegen die Kreuzungsfelder (KF), welche für die Holzbestimmung meist charakteristische Merkmale beinhalten. Rechts unten ein axialer Parenchymstrang (Pa).


    Im nächsten Bild sind die Spiralverdickungen (SV) in einem Gefäß zu erkennen. In der Gefäßwand die intervaskularen Tüpfel (IvTü) in alternierender Stellung.

    R3 zeigt die im Holzstrahl über einem Gefäß liegenden kleinen Kreuzfeldtüpfel (KTü). Diese sind rund, haben schlitzförmige Poris und sind 2 – 3 µm groß. Die einzelnen Zellen des Holzstrahlenparenchyms sind über einfache Tüpfel (ETü) miteinander verbunden.

    In den Holzstrahlen sind überall eingelagerte gelbe und braune Stoffe zu finden.

    In einem Gefäß ist sehr viel Material enthalten. Ob es sich hier um Pilzhyphen handelt oder ein anderes Material, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aufgrund der Färbung würde ich mich für Pilzhyphen entscheiden.

  • Im polarisierten Licht lassen sich vereinzelt Kristalle in den Holzstrahlen finden.

    In der nachfolgenden Ansicht eine weitere Bestätigung, dass es sich bei dem Grundgewebe um Fasertracheiden handelt: In den Zellwänden sind sehr viele geschnittene Hoftüpfel sichtbar. Bei dem Bild handelt es sich ebenfalls und eine Pol-Aufnahme.

    Tangentialschnitt

    Mit Hilfe der letzten Schnittrichtung, dem Tangentialschnitt, bekommt man ein Bild über die Beschaffenheit der Holzstrahlen.

    Bei meinem Kirschholz beträgt die tangentiale Holzstrahlendichte 7 – 11 Strahlen/mm, die Breite 1 – 4 Zellen und die Höhe bis ca. 50 Zellen (wobei links im Bild ein seltener, etwas höherer Holzstrahl zu sehen ist).


    In T2 sind zum ersten Mal deutlich die endständigen Kantenzellreihen (KZe) abgebildet, somit handelt es sich um heterogene Holzstrahlen. Ebenfalls lassen sich im Tangentialschnitt die Spiralverdickungen beobachten.

    Nun die Ansicht von einem Gefäß, bei welchem die intervaskulare Tüpfelung neben den Schraubverdickungen durch das Schneiden nicht beschädigt worden ist.

    Als letztes ein mit Picolay erstellter Stack, in dem u. a. ein gesamtes kleines Gefäß zu sehen ist.

    In Anbetracht der Tatsache, dass die Färbung nicht so wie von mir erhofft war und ich über die Anzahl der vielen eingelagerten Stoffe erstaunt bin, werde ich das Holz einer Kirsche noch einmal, am frischen Material untersuchen. Durch Zufall habe ich gerade eine große Krone einer wilden Kirsche bekommen, welche ich zu Brennholz verarbeiten werde. Dann schaue ich mir auch noch mal an, ob es einen Unterschied zwischen Splint- und Kernholz gibt.

    Anmerkungen und Kritik bezüglich meiner kleinen Ausarbeitung sind mir stets willkommen.

    Viele Grüße

    Detlef

  • Hallo Detlef,

    Deine Ausarbeitung zur Holzbestimmung gefällt mir wirklich sehr, auch wenn ich in diesem Gebiet eher ein absoluter Laie bin.

    Auch wenn Du mit der Einfärbung nicht so zufrieden bist, finde ich die Bilder sehr gelungen und detailreich.:thumbup:

    Trotzdem habe ich eine eher technische Frage bzüglich der Einfärbung. Du schreibst, dass Du eher ein Rot erwartet hättest. Ist das üblich bei der Nutzung von Etzold blau? Oder reagiert Etzold blau mit Holz zu einer roten Färbung? Wäre das bei allen Hölzern so?

    Weiterhin schreibst Du, dass Du Euparal zur Eindickung genutzt hast. Sehe ich das richtig, dass Du damit ein Dauerpräparat erstellt hast? Schaust Du, nachdem Du das Präparat gefärbt hast zurest unter dem Mikroskop nach ob es sich "lohnt" es zum Dauerpäparat zu machen, oder dickst Du es nach der Färbung direkt ein?

    Beim Bild Q2 hattest Du sog. Parenchymzellen identifizieren können. Sind die schwarzen Pünktchen chrakteristisch für diese Art von Zellen bei Pflanzen? Leider sind die Bilder bei Wikipedia nicht so recht aufschlussreich.

    Danke für die Infos.

    Viele Grüße,

    Marcel

  • Hallo,

    es freut mich sehr, dass euch meine kleinen Berichte so gut gefallen!

    Marcel, bei der Färbung mit Etzold blau wird des verholzte Gewebe, also das Holzgrundgewebe rot und die nicht verholzten Gewebe (Parenchym, Pilzhyphen etc.) blau eingefärbt. Das ist bei allen Hölzern so.

    Da der Holzschnitt fast nur aus dem Holzgrundgewebe besteht, erwarte ich eher eine rote Grundfarbe. Nun kann es aber sein, dass z. B. die Holzfasern durch eine Kraft belastet worden sind, es ist dann Zugholz entstanden. Dort bildet sich in den Grundgewebsfasern (Fasertracheiden bzw, Libriformfasern) eine gelartige, nicht verholzende Schicht, welche blau eingefärbt wird. Und so gibt es noch ein paar andere "Störfaktoren" welche zu einer eher blauen Grundfarbe führen können.

    Ja, ich habe von allen meinen gezeigten Hölzern Dauerpräparate angefertigt. Vor dem Eindecken mit Euparal begutachte ich die Schnitte kurz unter dem Mikroskop und suche mir die besten für das Präparat aus. Dabei geht es besonders darum, dass die Schnitte nicht zu dick sind.

    Parenchymzellen lassen sich meinstens an einer leicht grauen Farbe identifizieren, wenn sich nicht, so wie es sein soll, schön blau gefärbt sind. Des Weiteren sind die Wandungen dieser Zellen dünner im Vergleich zum Holzgrundgewebe.

    Parenchymzellen sind untereinander durch einfache Tüpfel verbunden. Dieses müssten die Punkte in den Zellen darstellen.

    Wenn ich bisher solche Punkte in den Zellen gesehen habe, passte dieses immer ebenfalls mit den anderen Kriterien.

    Öfters habe ich auch in einem Parenchymstrang solche Punkte in den Zellen gesehen. Somit ist das ein sicheres Merkmal. Natürlich werden meist nur wenige Pa-Zellen so geschnitten, das diese Punkte sichtbar sind.

    Wie es bei den "restlichen" Pflanzen aussieht, da habe ich keine Erfahrung.

    Gruß Detlef

  • Hallo Detlef,

    eine vorbildliche Ausarbeitung, aus der man viel lernen kann!

    Bei zwei Bildern sehen wir möglicherweise Fasertracheiden mit Spiralverdickungen. An Gefäße mag ich wegen Form und Durchmesser nicht recht glauben. Grosser "Die Hölzer Mitteleuropas" hat auf Seite 25, Abb. 16 einige Beispiele gezeichnet

    Im Bild habe ich sie mit Pfeil und Durchmesserangabe versehen:

    Herzliche Grüße

    Bernd

    Wenn du in Schwung bist, gelingt dir alles!

  • Hallo Detlef,

    auch in meinem Holzbüchlein habe ich bei der Stechpalme auf S. 79 rechts oben genau diese Fasertracheiden mit Spiralverdickungen im Bild T2.

    Übrigens eine sehr wichtige Internetseite von Schweingruber et al. mit allem Drum und Dran findet man hier.

    Viele Grüße

    Bernd

    Wenn du in Schwung bist, gelingt dir alles!

    Einmal editiert, zuletzt von Bernd Miggel (27. Januar 2021 um 16:13)

  • Guten Morgen Bernd- guten Morgen Detlef,

    ja- da habt Ihr recht. Mache ich.

    ABER: Nur wenn Ihr bei meinen Themen mitmacht:D. Das sind die Mikrobiologie (Ihr wisst ja- das ist das Thema mit den Prokaryonten- aber da ist zum Beispiel Cypionka mir Lichtjahre voraus) und das Tümpeln (da ist aber Martin, Lupo und was weiß ich mir Galaxien voraus). Allein das Tümpeln ist so umfangreich- auch von der Gewässerbiologie her- dann von den Lebensformen an sich (Protophyten und Protozoen und diese in was weiß ich für viele Lebensformen- das lerne ich garantiert nicht mehr ) und vieles mehr. Dann habe ich mich entschlossen ein wenig in die Histologie einzusteigen (Artverwand mit dem was Ihr macht- ich weiß) aber nur, weil das bei mir noch nie so richtig funktioniert hat, und ich so was an mir hasse. Dann Liebe ich die Technik der Mikroskope und die Physik, welche ich nie auch nur annähernd wie Peter, Bernd und viele andere verstehen werde.

    Also- wenn Ihr mir zeigt, wie ich mich teilen kann wie eine Bakterie (den Geist einer Bakterie habe ich schon denke ich =)) und immer noch eins bin- dann mache ich mit =).

    Ich denke, man kann nicht alles machen- und dann noch ein Superfotograph sein.

    Nö- das heißt aber nicht, dass ich von Leuten, welche ich vorher genannt habe, Leuten wie Euch, wie Bernd, wie unglaublich viele hier, also Spezialisten per se, sehr viel lernen kann.

    Joo- ich glaube auch, dass man dann auch mal loben kann oder sich verneigen kann (also wir Saarländer sind überhaupt immer höflich, wohlerzogen, tolerant, Lübb, sensibel und vieles mehr- Ok- manchmal auch lustig, gelle).

    So- nun muss ich meinen Hintern auf die Arbeit bringen- Gruß aus dem Taunus Harald

  • Gude Harald,

    ja da hast du natürlich recht!

    Es gibt so viele Themen in der Mikroskopie, da kann man gar nicht alles können.

    Im Vorfeld wollte ich mich als Angler eigentlich auch um die Gewässerbiologie meines Vereinsgewässer kümmern.

    Doch nun ist es anders gekommen. Irgendwie läuft es immer anders! Aber wenn ich erst mal Rentner bin, dann...

    Sehr vieles ist interessant und zum Glück kämpfen wir an verschiedenen Fronten. So ist das alles hier sehr vielseitig und es gibt Einblicke in die unterschiedlichsten Themen.

    Aber vielleicht gibt es ja noch jemand der nicht weiß in welche Richtung er gehen will.

    Dafür haben wir dann viele Anregungen!

    Viele Grüße aus der schneelosen Lüneburger Heide

    Detlef

    • Offizieller Beitrag

    ABER: Nur wenn Ihr bei meinen Themen mitmacht :D .

    Aber Harald, das tun wir doch schon längst zumindest nach Kräften. Du mußt aber auch verstehen, daß wir eben keine Saarländer sind und bei Fachausdrücken wie z.B. die Grenzdebilität auch erstmal das Wörterbuch bemühen müssen. :99:

    Nun denke ich, daß wir uns zumindest in diesem Faden wieder auf die mikroskopische Holzbestimmung konzentrieren sollten.

    Dafür noch ein herzliches Dankeschön an diejenigen, die das hier so anschaulich präsentieren.:78:

    Beste Grüße

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    mal kurz vom Thema abzuschweifen, finde ich nicht so "schlimm".

    Auf jeden Fall werden wir noch oft zur mikroskopischen Holzbestimmung kommen, da arbeite ich dran. :99:

    Im Nachhin mache ich es auch immer so, dass ich mir die relavanten Beiträge aus einem Faden in ein Word-Dokument speichere und in meiner Datensammlung ablege. Dann habe ich alles in konzentrierter Form vorliegen.

    In diesem Faden gibt es auch noch ein paar Bilder zum Thema, aufgenommen sind diese bereits.

    Gruß Detlef

  • Hallo,

    ich habe also nach den kleinen "wurmartigen" Gebilden in meinen Kirsch-Schnitten noch einmal gesucht und sogar mehrere gefunden.

    Sie sind alle unter 20 µm breit, haben Spiralverdickungen, in fast allen habe ich Hoftüpfel gefunden und sie weisen keine Durchbrechungen auf. Für mich sehen sie wie ein Ding zwischen Gefäß und Fasertracheide aus.

    Hier mit ein paar Hoftüpfeln

    Oder auch ganz ohne Tüpfel

    Mit fast immer 2 Tüpfeln nebeneinander (erinnert etwas an eine intervaskulare Tüpfelung)

    Noch so ein Modell mit wenigen Tüpfeln

    Da ich beim Erstellen meines Berichtes gedacht hatte, dass es sich um kleine Gefäße handelt, habe ich mir diese Zellen nicht genau angesehen. Eine gewisse Sorgfalt ist hier angebracht:!:Für die Zukunft muss ich mir mehr Mühe geben :rolleyes:

    @ Bernd M.

    In deinem Buch, beim Ilex, wirken die Fasertracheiden relativ lang. Meine sind eher kürzer, was aber nun auch nichts heißen muss.

    Grosser bringt in seinem Buch ja auch noch Gefäßtracheiden ins Spiel. Allerdings fehlt mir eine Größenangabe dabei.

    Na ja, auf jeden Fall freut es mich, wieder etwas für mich neues entdeckt zu haben. Ich werde mir das merken und einfach weitermachen.

    Evtl. sind diese Fasern ja auch charakteristisch für die Kirsche.

    Viele Grüße

    Detlef

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