Großforaminiferen im Dünnschliff

  • Hallo Forum!

    Die Bilder zeigen Vertreter zweier artenreicher Familien, welche den Großforaminiferen zuzuordnen sind. Bezüglich des Untersuchungsmaterials handelt es sich um Tertär-Kalkstein (Eozän) aus Köszeg/Ungarn, nahe der österreichischen Grenze.

    Foraminiferen sind für die chronologische Datierung von Meeressedimenten und den daraus entstandenen geologischen Formationen von entscheidender Bedeutung. Dies wird vor allem durch ihr artenreiches Auftreten ermöglicht, weil bestimmte Foraminiferen nur in begrenzten Zeitepochen präsent waren. Im Gegensatz zu den Makrofossilien sind sie durch ihr massenhaftes Auftreten in den entnommenen Proben leicht zu finden und wurden so für die Wissenschaft zu Leitfossilien. Bestimmte Foraminiferen und besonders ihre Vergesellschaftung, welche sich aus dem Dünnschliffbild ableitet, zeigen heute den Geowissenschaftern manchmal das Vorkommen von Erdöl und Erdgas an. Neben einer Einschätzung des Alters einer Formation bieten Foraminiferen durch ihre differenzierte Lebensweise Rückschlüsse auf Klima, Meerestiefe, Brandung, Salzgehalt des Wassers u.s.w.

    Die vier Bilder zeigen jeweils in zwei Schnitten Alveolinen und Nummuliten. Sie sind oft in den Steinen so zahlreich und dominant, dass der entsprechende Kalkstein dann von Geologen und Paläontologen nach ihnen benannt wird, wie z.B. in diesem Fall: „Nummulitenkalk“

    Alveolinen (Bild 1 und 2)

    Sind von der Kreidezeit (Cenoman) bis rezent weit verbreitet. Sie kommen typischerweise in warmen und seichten Meeresabschnitten vor, wie z.B. im Bereich von Korallenriffen. Durch sogenannte „Flosculinisierung“ ist die innere Wandschicht oft sehr stark verdickt, hoher Anteil Mg CO3, Schalenstruktur opak, erscheint im Dünnschliff daher dunkel. Gestalt ovoid bis spindelförmig.


    • Alveolina (Axialansicht) 25x Vergrößerung
    • Alveolina (Äquatorialansicht) 25x Vergrößerung


    Nummuliten (Bild 3 und 4)

    Gehäuse vielgestaltig, linsen- bis kugelförmig, bilateral symmetrisch. Weit verbreitet in tropischen und subtropischen Gewässern, maximale Entfaltung in seichten Gewässern, oft im Bereich von Korallenriffen. Vorkommen Eozän bis rezent.


    • Nummulit (Axialansicht) 32x Vergrößerung


    4. Nummuliten (Axial- und Äquatorialansicht) 25x Vergrößerung

    Zur Herstellungstechnik:
    Das bei einem Fossilienhändler erworbene Material habe ich auf der Steinsäge zu Plättchen geschnitten. Diese wurden mit Siliciumkarbid bis Körnung 800 einseitig glatt geschliffen, mit UV-Kleber auf Objektträger geklebt, dann erfolgte mit Führungsschlitten der 2. Schnitt, den ich immer sehr sorgfältig ausführe, da man sich dadurch viel Zeit bei der weiteren Arbeit ersparen kann. Ich schneide so dünn wie möglich, sodass nur wenige zehntel eines mm am OT verbleiben. Die schleife ich dann auf der Glasplatte unter mehrmaligem Prüfen (Körnung 400, 800, 1200) auf das Sollmaß. Kalk-Dünnschliffe sind immer sehr problematisch, leicht brechen Teile des Materials aus, durch unterschiedliche Härte bekommt man leicht Kratzer und die blassen Interferenzfarben höherer Ordnung geben nur schwer Aufschluss über die aktuelle Dicke, sodass bei mangelnder Übung schnell Verluste auftreten können. Aber das im Schliff Gebotene und die Möglichkeit aus den verschiedensten Gesteinen u. Hartmaterialien Schliffe herstellen zu können, lässt die Mühe ganz schnell vergessen.

    LG

    Gerhard

  • Hallo Gerhard,

    exzellenter Beitrag, informativ und die Präparationsmethode erklärt, animiert zum selber probieren, genau solche Beiträge braucht dieses Forum.
    Danke und liebe Grüße aus der Steiermark
    Manfred

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gerhard,

    Danke für Deinen professionellen Beitrag, wie immer in exzellenter Qualität von Dir gemacht.

    @Bernd, ja ginge, habe ich schon versucht, ich habe einen Sand(brocken) mit Kunstharz
    paralell zu meinen Anschliffen, da Harz überblieg, mal eingeschlossen und angeschliffen.
    Ich denke schon das man daraus auch einen Dünnschliff fertigen könnte.

    fg Franz

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    Die Welt wäre so schön wenn Frauen so einfach gestrickt wie die Maxwellschen Gleichungen wären --
    Mann könnte dann Störfelder berechnen und Wellen, Phasen und Ströme ....
    und die Harmonischen ganz leicht checken..

    http://interphako.at

  • Hallo Gerhard und Manfred,

    das ist ja Spitze ! Nun meine Frage: Wie würde so eine Alveolina in einem Anschliff aussehen ? Würde die Struktur im ebenfalls hellen Hintergrund untergehen ? Oder könnte man da mit Ätzverfahren für Kontrast sorgen ?

    LG Lothar

  • Hallo Manfred, Bernd und Franz,

    vielen Dank für die lieben Rückmeldungen. Dünnschliffe anfertigen macht Freude.

    Zur Frage von Bernd:
    Wie Franz schon erwähnt hat, kann man auch aus Sand einen Dünnschliff anfertigen.
    Aus Alufolie ein kleines Gefäß mit ebener Bodenfläche formen, wenig Sand hinein geben und langsam mit zur Einbettung geeignetem Kunstharz auffüllen. Härten lassen, Bodenfläche so weit abschleifen, dass die Sankörner zu einem Teil mitabgeschliffen sind. Dann auf OT kleben und wie beschrieben auf wenige Zehntel mm schneiden, schleifen ... Statt Sand kann man natürlich auch einzelne Foraminiferen eingießen und anschleifen.

    LG
    Gerhard

  • Hallo Lothar,

    ich kann mir jetzt am Wochenende das einmal im Anschliff ansehen. Aus der bisherigen Erfahrung mit Leithakalk oder besonders kreidigem Material weiß ich, dass da meist alles ziemlich gleichfarbig weißgelb bis weiß ist. Der starke Kontrast im Durchlicht bei den Alveolinen ergibt sich eben im Unterschied von transparent und opark. Mit Ätzverfahren habe ich leider keine Erfahrung, da würde ich bei kalkhaltigen Proben vorsichtig sein. Es gibt allerdings Verfahren, biogenes Material in Dünnschliffen anzufärben, geht vielleicht bei Anschliffen auch. Habe ich aber noch nicht ausprobiert.

    LG
    Gerhard

    Einmal editiert, zuletzt von GerhardG (20. September 2013 um 20:33)

  • Hallo

    Gerhard, sehr schöne Schliffe , vorallem die Letzten.
    Ich selber bin eher an den " igneous rocks " interessiert, und Muscheln und Schnecken gehören da nicht dazu.
    Ich habe aber vor einiger Zeit eine Schachtel mit Mustersteinen - Belgisch Blau - gekriegt. Das sind, wie man im Internet finden kann, Schiefersteine mit Viechereinlagerungen.
    Davon habe ich mir auch einen Dünnschliff gemacht, ist aber recht grau. Ob er noch zu dick ist ? Könnte sein , wenn ich diese Farben hier sehe.
    Wenn jemand Musterstücke ca 10 mal 10 cm von Belgisch Blau haben möchte - Muster umsonst , aber mit Transportkosten - soll er mich anmailen.
    Grüße
    Gerd

    Einmal editiert, zuletzt von moräne (20. September 2013 um 20:49)

  • Hallo Gerd,

    danke für das Lob. Ich finde auch magmatische Gesteine sehr interessant.
    Ja wahrscheinlich war das Material noch zu dick. Toniges Material ist noch gemeiner als weicher Kalkstein. Gerade ist er noch zu dick, noch etwas drüberschleifen und auf einmal ist er weg. Leider muss man aber, wenn man fotografieren will, doch sehr dünn schleifen. Zum bloßen Anschauen sind einige Schliffe, die ich habe gut genug, aber zum Fotografieren müssen sie optimale Qualität haben. Die richtige Dicke ist meist erreicht, wenn beim Kalk blasse Interferenzfarben über den ganzen Schliff hin verstreut zum Vorschein kommen. Bei tonhaltigem Material ist es bestenfalls das biogene Material, das Interferenzfarben zeigt.

    PS: So ein Musterstück hätte ich gerne:-)

    LG
    Gerhard

  • Hallo Bernd,

    ja, für einen Anschliff würde das reichen. Aber ich würde für fast alles, was mit Steinen und Mikrofossilien zusammenhängt auch den Dünnschliff in Erwägung ziehen, da er in den meisten Fällen aussagekräftiger ist. Dazu gibt es dann auch viel Fachliteratur. Ich mache meist parallel zum Dünnschliff einen kleinen Anschliff. Aber gelernt habe ich bisher mehr aus den Dünnschliffen.

    LG
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,

    Darf ich mal fragen, welches Harz du verwendest, wenn du so eine Probe auf das Glas kittest/klebst. Das sollte im Idealfall auch neutral sein in Richtung Polarisation und andererseits in die feinsten Poren eindringen. Also zwangsläufig zum Bestandteil der Probe werden .

    LG Lothar

  • Hallo Gerhard!

    Toller Beitrag, hochinteressant!

    ja, das Harz würde mich auch interessieren. Hast du schon mal Durchlichtfluoreszenz damit probiert?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich verwende entweder Loctite 439 UV Härtend
    oder immer mehr den Bondic Kleber (auch UV Härtend, UV Led beim KlebeSet dabei) aus dem Bauhaus.
    Der hat 1,49 bei Einschluß udn geht nach ca 2-3 Tagen nach Härtung
    in Richtung 1,52 also genau Richtig.
    UV , also Fluoreszenztauglich, keine Eigenfluoreszenz.

    lg
    Franz

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    Die Welt wäre so schön wenn Frauen so einfach gestrickt wie die Maxwellschen Gleichungen wären --
    Mann könnte dann Störfelder berechnen und Wellen, Phasen und Ströme ....
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    http://interphako.at

  • Hallo Franz!

    Von dem habe ich auch schon gelesen, aber noch nicht gefunden!

    Ich habe bisher immer mit Araldite 2020 geklebt.

  • Hallo Lothar und Franz!

    Ich verwende einen Loctite-UV-Kleber, den ich bei http://www.krantz-online.de/ kaufe. Dort gibt es für die Dünnschliffherstellung auch das übliche Zubehör, OT mit Gießener Format und Deckgläser 26x21 mm. Bei Krantz gibt es auch Dünnschliffe zu kaufen. Die Preise zeigen aber, dass es sich - alleine vom finanziellen Standpunkt betrachtet - auszahlt, sie selbst anzufertigen.

    Der UV-Kleber ist glasklar (n = 1,53) und härtet mit UV-Licht in wenigen Sekunden.

    Ich decke die Präparate dann meist in Malinol ein, da ich sie ja hauptsächlich im polarisierten Licht betrachte und damit gute Erfahrung habe. Wenn man den UV-Kleber, der nach Franz unproblematisch bei der Fluoreszenz ist, auch zum Eindecken verwendet, sollte das funktionieren. Malinol ist für Fluoreszenz aber nicht geeignet! Wenn man mit UV-Kleber eindeckt muss man vor dem Härtevorgang mikroskopisch prüfen, dass kein Luftbläschen mehr zu sehen ist.

    LG

    Gerhard

  • Hallo Gerhard,

    ein sehr interessanter Beitrag mit schönen Bildern, danke dafür. Besonders das dritte Bild hat es mir angetan - die Kugel im Zentrum sieht fast aus wie die Erde.

    Malinol ist für Fluoreszenz aber nicht geeignet!

    Darf ich fragen, was du damit genau meinst? Bei Schnitten von botanischem Material kannte ich bislang nur die Devise, dass sich gerade Malinol für Fluoreszenz eignet, weil es keine störende Eigenfluoreszenz hat (Euparal hat z.B. eine deutliche Eigenfluoreszenz).

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    ich muss vorausschicken, dass ich selbst Fluoreszenzmikroskopie nicht anwende. Ich kam deshalb zu dem Schluß, weil die 3A-Wacker-Färbung in der Mikroskopischen Gesellschaft Wien mit entweder Eukitt oder Euparal-Einbettung abgeschlossen wird. Ist in der Homepage unter Wacker-Färbung auch als Download zu holen. Da die Wacker-Färbung speziell für die Fluoreszenz gute Ergebnisse ermöglicht, bin ich von dieser Annahme ausgegangen.
    Der Ganster Franz hat eine Fluoreszenzeinrichtung und kann das sicher aufklären.

    LG
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,

    den Vergleich Malinol/Euparal bezüglich der Eigenfluoreszenz kann ich bei Gelegenheit mal nachholen - momentan ist meine Fluoreszenzeinrichtung aber nicht betriebsbereit.

    Euparal hat definitiv eine gelb-grüne Eigenfluoreszenz - je nach Schichtdicke und Filterkombination ist man von einem dunklen Hintergrund weit entfernt. Die Beliebtheit von Euparal rührt hauptsächlich daher, dass man aus Isopropanol direkt in Euparal gehen kann. Außerdem werden mit Euparal die Farben nach dem Trocknen sehr brillant und kleine Luftbläschen verschwinden beim Trocknen. Bei vielen anderen Eindeckmitteln (z.B. Malinol, Eukitt, Depex, etc.) kommt man hingegen um die zwischengeschaltete Xylolstufe nicht herum.

    Wenn man die Präparate nur im Hellfeld betrachten möchte, ist Euparal wirklich hervorragend geeignet. Wenn man aber gelegentlich Fluoreszenz betreiben will, sollte man lieber etwas anderes verwenden. Ob Malinol nicht oder nur schwach fluoresziert, muss ich erst noch untersuchen. Von DePeX z.B. weiß ich dass es keine nennenswerte Eigenfluoreszenz hat.

    Viele Grüße
    Michael

    Nachtrag: Wie ich zwischenzeitlich feststellen musste, hat auch Malinol eine gewisse Eigenfluoreszenz. Wie nachteilig der Effekt ausfällt, hängt dabei vor allem vom Filtersatz ab.

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (12. März 2014 um 18:17) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Hallo Michael,

    verwendet habe ich schon viele Eindeckmittel, auf der Suche nach den besten Eigenschaften. Da ich aber vorwiegend im Gesteinsbereich beheimatet bin, ist die Fluoreszenzmikroskopie bisher etwas untergegangen. Es tut mir leid, wenn ich dem Malinol da den Rang eines guten für die Fluoreszenz geeigneten Eindeckmittel abgesprochen habe und danke dir für die Aufklärung.

    LG
    Gerhard

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